Lenzburg - Mina Hava, Ilija Matusko und Lorena Simmel im Aargauer Literaturhaus

Nach der Autofiktion: Herkunft dokumentieren

 

Gemeinsam sprechen Mina Hava, Ilija Matusko und Lorena Simmel über Herkunft und die Dokumentation derselben.

 

Mina Hava, 1998 geboren, studierte Globalgeschichte und Wissenschaftsforschung an der ETH in Zürich sowie Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Ihr Debütroman “Für Seka” erschien 2023.

 

Für Seka: Übrig geblieben sind ihr nur ein Briefumschlag mit einer Handvoll Fotografien und die Angst vor dem Vater, die Sorge um ihre Mutter und ihren Bruder, die Knoten in ihrer Brust. Seka sucht mit Anfang zwanzig nach den Spuren ihrer zerbrochenen Familie und ihres bisherigen Lebens. Sie rekonstruiert den Weg ihrer Eltern aus Bosnien in die Schweiz und fragt nach den Verbindungen, den Fäden zu ihr. Dabei stößt sie auf das Gefangenenlager in Omarska in den neunziger Jahren und einen Brief, der sie weiter nach Den Haag und Genf führt, später ins Berner Oberland. Und sie stellt fest, dass in Omarska heute Erz in den Minen abgebaut wird, als hätte es die Geschichte nicht gegeben, die eines fast schon vergessenen Krieges in Europa. Dabei wirken die Versehrungen der Vergangenheit bis in die Gegenwart fort.

Text: Suhrkamp Verlag

 

Ilija Matusko hat Soziologie und Politikwissenschaften studiert. Für sein Debüt “Verdunstung in der Randzone”, erschienen 2023, erhielt er ein Stipendium des Fritz-Hüser-Instituts.

 

Verdunstung in der Randzone: “Kein Ruhetag” – so steht es auf der Tafel am Eingang. Ilijas Eltern betreiben eine Gastwirtschaft in Bayern. Er hilft schon als Kind in der Küche, wächst mit Pommes und Fritteusen auf. Wenn das Restaurant nicht mehr läuft, eröffnen die Eltern woanders ein neues.

 

Weil sein Vater gerne Tennis spielt, ermöglicht er seinem Sohn Tennisstunden. Im Verein findet Ilija neue Freunde und will wie sie aufs Gymnasium. Sein Leben entkoppelt sich zunehmend von dem seiner Eltern, besonders als sein Vater nach Kroatien zurückgeht. Doch etwas begleitet ihn durch die Jahre: “Es riecht nach Pommes, Ilija kommt!” Der Satz eines Mitschülers, der ihn bis heute nicht mehr loslässt, wird zum Ausgangspunkt einer Selbstbefragung: Verrät der Geruch die eigene soziale Herkunft?

Text: Suhrkamp Verlag

 

Lorena Simmel, 1988 geboren, studierte Literarisches Schreiben am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel sowie Europäische Literaturen an der Humboldt-Universität zu Berlin und in Warschau. Sie veröffentlichte Gedichte, Prosa und Essays. Für die Arbeit an ihrem Debütroman “Ferymont” (2024) erhielt sie das Arbeitsstipendium für Literatur des Berliner Senats.

 

Ferymont: Als ihr in Berlin das Geld für ihr Studium ausgeht, reist die junge Ich-Erzählerin in ihr Heimatdorf Ferymont in der Schweiz, um dort für eine Saison als landwirtschaftliche Hilfskraft zu arbeiten. Beim Einsatz auf den Feldern freundet sie sich mit Daria an, die mit ihrer Familie jährlich aus der Republik Moldau anreist, um in den Betrieben des Schweizer Seelands Geld als Saisonkraft zu verdienen. Durch die entstandene Nähe zwischen den beiden jungen Frauen rückt auch das Ungleichgewicht zwischen den west- und osteuropäischen Regionen in den Fokus.

Text: Verbrecher Verlag

 

Mi. 22. Mai 2024
19:45 Uhr

 

Aargauer Literaturhaus
Bleicherain 7
5600 Lenzburg
Tel. 062 888 01 40
www.aargauer-literaturhaus.ch

Lorena Simmel © Nane Diehl // Mina Hava © Ursula Häne // Ilija Matusko © Heike Steinweg